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The Giant (alias The Big)

Manchmal kommt es anders als man denkt und der Weg dorthin ist durchwachsener als man glaubt. Was hier so kryptisch klingt ist meine Geschichte über The Giant.

Rückblende

Letztes Jahr startete ich in Alpe d'Huez. Mein Körper reagierte bei dem Rennen so wie mein Trainingszustand war, schlecht. Ich hatte ein hartes Rennen mit Krämpfen, Übelkeit danach, ein Rennen bei dem die Distanz schon die Herausforderung war.
Das wollte ich nicht so stehen lassen und deshalb suchte ich mir für dieses Saison eine ähnliche Herausforderung, mit dem Ziel solide abzuschneiden. Zu meinem Glück bot sich das Rennen The Giant direkt auf der Expo in Alpe d'Huez an. Also hab ich mich angemeldet und mir selbst versprochen ordentlich zu trainieren.

Training

Mein Training lief gut und ich war motiviert. Die Einheiten die sich Manuel überlegte waren fordern, sowohl mental als auch körperlich.
So z.B.:

  • 4xPfänder rauf und runter am Stück
  • 22 x 100m mit festen Abschlagszeiten
  • ...

Trainingslager machte ich nur ein kurzes über ein langes Wochenende beim Mohrenwirt. Das musste dieses Jahr reichen, dazu noch ein paar einzelne Schwimmstunden mit Manuel.
Gerade beim schwimmen merkte ich das ich mich wohl fühlte. Zumindest bis es auf die lange Bahn im freien wechselte. Dann wollte es nicht mehr richtig laufen. Es war mir aber ehrlich gesagt auch egal. So sollte es halt sein und deswegen mache ich mir auch keinen Stress.

Mein Körper reagierte gut auf das Training und mein "Testwettkampf" in Frankfurt lief sehr sehr gut. Ich war also auf dem besten Wege ein tolles Rennen abzuliefern.

Peng

und plötzlich war da ein silbernes Auto vor mir, ich konnte nicht mehr Bremsen und bin über das Auto geflogen.
Was ist passiert? Es ist 9Tage vor meinem Rennen, ich bin mit dem Motorrad unterwegs zu einem Freund. Das Frühschwimmen hab ich gerade erledigt. Ich fahre auf der Vorfahrtsstrasse im Ortsgebiet. Plötzlich fährt vor mir aus der Seitengasse ein benachrangtes Auto raus. Ich kann nicht mehr stehenbleiben. Ich krache mit dem Motorrad in das Auto, das Motorrad steht und ic fliege über die Motorhaube. Ich komme auf der Strasse zum liegen. Was ist passiert? Keine Ahnung. Hab ich schmerzen? Nein! Schnell von der Strasse runter erst mal, ich krabble auf die Seite und lehne mich an die Wand. Sofort kommen mehrere Helfer. Der Notarzt, die Polizei und der Rettungswagen sind schon unterwegs. Ich brauche ein paar Sekunden um klare Gedanken zu fassen.
Ich habe keine Schmerzen, kein Blut und alles ist dran. Mir geht es eigentlich ganz gut. Ich nehm den Helm ab und er hat nur wenige Schrammen, meine Kleidung ist auch noch ganz. Der Notarzt kommt und wir warten auf die Rettung, die Polizei ist da und kümmert sich um den Unfall. Bei Ankunft stellt sich gleich fest wer wohl hier der Schuldige ist. Der Fahrer des Autos stimmt der Polizei zu und gibt an das er mich übersehen hat. Die Rettung ist da und ich gehe in den Krankenwagen. Ich habe ein paar blaue Flecken, mehr aber nicht. So entscheiden wir uns das wir nicht ins Spital fahren.
Ich versorge das Motorrad mit einem Freund und fahre heim. Was aber beudetet das für mein Rennen? Ich rufe eine befreundetet Ärztin an die sich schon in einer ähnliche Situation befunden hat. Unfall kurz vor dem Rennen. Sie empfiehlt mir Entzündungshemmer. Abends merke ich das wohl auch meine Rippen geprellt sind.
Die Rippen tun weh, der Rest ist kein Problem. Was hat das aber für Auswirkungen?

  • Schwimmen. Jeder Zug tut leicht weh, Wasserballkraul geht gar nicht, damit wird orientieren schwierig.
  • Radfahren geht schmerzfrei
  • Laufen geht erst mal gar nicht.

Ich bin also gezwungen kurz vor meinem Rennen die Füsse still zu halten. Voltarencreme ist mein täglicher Begleiter neben Wobenzym.
Von Tag zu Tag wird es besser und ich beschließe es zu probieren. Ich gehe an den Start. Was kann passieren? Schwimmen wir klappen, Radfahren sowieso und wenns laufen nicht klappt dann ist es halt so.

Before you give up, think about why you held on so long

Race

ICON

Am Freitag vor meinem Rennen findet der ICON Livigno Xtreme Triathlon statt. Da wir schon Freitags anreisen und die Laufstrecke quasi bei uns vor der Haustüre vorbeigeht feuern wir die Athleten kräftig an. Schade das es so wenige Zuseher interessiert was die Athleten da gerade leisten. Respekt für die Leistung.

die erste Überraschung

Am Samstag hole ich meine Startunterlagen. Viel ist nicht drinnen aber mehr als die Beutel und die Aufkleber braucht es ja nicht. Badekappe finde ich diesmal nicht. (Wobei das auch an mir liegen kann, siehe Fotos.)
Abends gehe ich zum englischen Athleten Briefing. Viele sind da nicht dabei so ca. 30 Teilnehmer. Vieles ist bekannt und wie immer.
Doch als es zur Radstrecke kommt, gibt es die Überraschung. Wir fahren nicht auf den Stelvio hoch. Die Polizei hat es kurzfristig verboten da sie Angst haben vor dem Verkehrschaos auf der Strasse aufgrund der guten Wettervorhersage. Die Enttäuschung ist groß im Raum, aber ändern kann man das jetzt leider auch nicht mehr. Ich lasse mir Physio-Tape an meine Rippe anbringen, sie tut noch weh aber es ist zum aushalten.

die einzige Konstante ist die Änderung

Es ist Rennmorgen und da wir nur 500m von Start entfernt wohnen bin ich schnell da. Ich habe schon alle meine Säcke fertig (T1,T2, special need für den höchsten Punkt am Berg - Umbrail Pass [ehemals Stelvio]) und rolle mit dem Rad zur Abgabe der Säcke. 3min später bin ich in der Wechselzone und planiere mein Rad nehmen den 179 anderen.
Jetzt heißt es warten auf den Start und meine geniale Supportcrew. Ich surfe auf Facebook und oh schreck, schon wieder wird die Strecke geändert wegen eine Mure. Also gut, es heist das beste draus machen und warten. Die neue Strecke ist nur mehr 85km lang und bringt uns nur an den Fuß des Stelvio.

Schwimmen

Das Wasser hat angenehme 15°C. Die Athleten ziehen alle eine Neoprenkappe an, manche sogar Socken und Handschuhe. Meine Frau muss mich überreden doch die Neoprenkappe anzuziehen. Die Stimmung ist gut und die Sonne kommt hervor. Ich beschließe weiter hinten zu starten da ich im Massenstart verhindern will das mir jemand gegen die Rippen tritt.
Der Startschuss fällt und es geht los. So kalt ist das Wasser gar nicht. Schnell bin ich aber umringt von Schwimmern, nicht weil ich überholt werde sondern weil ich vorbei schwimme. Irgendwas ist da komisch denke ich mir. Ich schwimme und merke wie das kalte Wasser an meiner Energie saugt. Die Bewegungen werden immer unrunder. So komme ich nach 1,2km aus dem See und es geht in die Wechselzone. Ich steige aus dem Neo, trockne meine Füsse und ziehe Socken, Schuhe und Armlinge an. Nachdem ich alles in meinen Beutel gepackt habe will ich ihn abgeben. Aber wo? Ich frag nach. Kein Englisch! Nächsten gefragt. Ich soll es einfach am Boden liegen lassen. (Ob ich meinen Neo jemals wieder sehen werde?). Ich laufe zu meinem Rad und setzte den Helm auf und zieh das Startnummernband an. Raus aus der Wechselzone und unter Anfeuerungen der Supportcrew gehts los

Rauf und Runter ohne Verpflegung

Die Ersten Kilometer sind ein reines Zeitfahren. Der Tritt ist rund und ich kann ordentlich drücken. Die ersten kommen mir entgegen und ich zähle grob mit. So ca. 20 Athleten vor mir? Da stimmt doch was nicht. Egal kein Kopf drum machen. Nach dem ersten Wendepunkte gehts zurück und irgendwann kommen wir zum ersten Berg. Jetzt gehts also los. In Serpentinen geht es rauf bis zum ersten Pass. Mein Support steht gefühlt an jeder zweiten Kehre. Dann ist der erste Pass geschafft und es geht kurz bergab bevor es das erste Mal über denn Passo del Foscagno geht. Von dort geht es erst mal bergab gefolgt von einer weiteren TimeTrail strecke bis zum Wendepunkt, am Fuss des Stelvio. Der Fahrzeugverkehr ist enorm. Eine Verpflegstation wäre fein, ich habe aber keine gesehen. Es geht wieder zurück über die gleiche Strecke über den Passo del Foscagno. Bei einem Brunnen bleib ich stehen und fülle meine Trinkflaschen auf, selbst ist der Mann. Ich fühle mich Wohl und der tritt ist Rund. Vor mir ist niemand ich fühle mich irgendwie alleine. Ich habe keine Ahnung wie ich im Rennen liege, wie meine Zeit ist. Das macht Frei und lässt mich aufs treten konzentrieren. Auf dem Pass regnet es und daher fahre ich etwas vorsichtiger ab. Bis zur Regengrenze. Jetzt noch über den Passo d’Eira und dann gehts nur mehr bergab denke ich mir. Plötzlich steht da einer und winkt mit seiner Fahne. Ich habe wohl was verwechselt. Ich muss gar nicht mehr über den Pass drüber sondern bin schon in T2. Da ich nicht genau wusste wo die Absteigelinie ist und es dabei noch leicht bergauf ging, entschied ich mich für Schuhe anlassen. Das Rad wird mir von einem Helfer abgenommen und ich laufe weiter in das Wechselzelt. Schnell hab ich die Schuhe gewechselt und die Armlinge heruntergerissen. Den Beutel einem Helfer in die Hand gedrückt und "grazie" gesagt und schon bin ich beim laufen.

Rundenlaufen ist nicht meines

Bevor es los geht noch mal an meiner SupportCrew vorbei und dann geht es erst mal über eine Strasse bergab. Dann folgt ein Trail der seinen Namen verdient hat, steinig und eng. Ich fühl mich gar nicht schlecht. Meine Beine machen gut mit. Nach ca. 7km komme ich am Lago di Livigno an. Jetzt geht es nur mehr flach bis ins Ziel 2,5 Runden.
Runden! Mein mentaler Tod, ich hasse Runden, ich kann mich da sehr schwer motivieren. Ich wechsel immer wieder zum gehen, nicht weil es mein Körper will, mein Geist ist heute schwach. Meine Rippe spür ich nicht. Das einzige was mein Körper will ist etwas festes im Magen. (Am Fahrrad habe ich mich flüssig ernährt). Ich kämpfe mich durch und nach dem vierten Mal im Zielstadion darf ich endlich durch den Zielbogen laufen. Es ist geschafft. Ziel Erreicht und ich bin happy. Auch das Ziel das es mir besser gehen soll als in Frankreich habe ich erreicht. Ich fühle mich sehr viel Wohler und habe keine Krämpfe. Gemeinsam gehts zurück ins Hotel. Ich packe meine Sachen und geh Duschen. Danach lege ich mich ins Bett und versuche erst mal 20min zu ruhen. Danach kommen die verdienten väterlichen Pflichten. Erstaunlicherweise geht es mir richtig gut.

Fazit

  • Die Streckenänderung ist Schade aber immerhin konnte das OrgaTeam in 12h zwei mal die Strecke anpassen.
  • 85km am Rad ohne Verpflegsstation ist nicht lustig
  • Das Rennen hat Spass gemacht, die Organisation ist, sagen wir mal italienisch
  • Eine Rippenprellung kann dich bremsen aber nicht stoppen.
  • Die Basis ist wieder da und ich bin heiß auf mehr.s
  • selbst mit einer schlechten Schwimmzeit landet man vorne in Italien :)

Support Crew

Meine Familie hat mich wieder begleitet und ich bin Dankbar dafür. Gerade bei so einem Rennen wo kaum Zuseher sind tut jeder Zuseher, jedem gut. Zu meiner Überraschung haben sich knapp 3 Woche vor meinem Rennen noch Freunde angekündigt ebenfalls nach Livignio zu kommen um mich zu Unterstützen. DANKE Judith und Eike. Das war wirklich genial.